Liebesgedichte

Anna Ritter – Im herbstlichen Wald

Im herbstlichen Wald

Der Herbstwind peitscht verirrten Glockenklang
In böser Luft den Waldessaum entlang,
Bis seine Seufzer todesmüd‘ verschweben.
Stumm liegt der Wald. – Kein heller Vogelsang
Umgirrt die Stämme mehr, die ernst und bang
Hinauf zum sonnenlosen Himmel streben. –
Das Buchwerk hält mit knorrigem Geäst
Des letzten Jahres tote Blätter fest,
Und streicht ein Windhauch wimmernd drüber her,
So sieht es aus, als ob ein zuckend Leben
In jenen Resten noch gefangen wär‘!
Sie bäumen sich, sie suchen sich zu heben,
Und sinken wieder … qualvoll … todesschwer.

Ihr öden Hallen, einst des Frohsinns Haus,
Und nun so still – ich komm‘, euch zu besuchen,
Es wuchs mein G l ü c k im Schatten dieser Buchen
Und mit den Liedern zog es jüngst hinaus!
Auf diesen Wegen, die das Sommerlaub
Dem frechen Blick der Neugier keusch versteckt,
Ging meine Liebe hin!

Nun liegt im Staub,
Was sie behütet! Keine Sehnsucht weckt
Ihr Lachen mehr …

O du verlassner Wald
Verlassnes Herz: getrost, nun kommt er bald,
Der weiße Tod, der eure Not bedeckt
Mit tiefem Schweigen!

von Anna Ritter


Jetzt Teilen

Facebooktwitterpinteresttumblrmail


Hoch